Thermische Wirkung

Hochfrequente elektromagnetische Strahlung wird von biologischen Systemen aufgenommen ("absorbiert") und kann dadurch unterschiedliche Wirkungen hervorrufen. Die Energieabsorption hängt v. a. von der Intensität und der Frequenz der elektromagnetischen Felder ab, aber auch von den Eigenschaften und Strukturen des biologischen Gewebes. Eindeutig nachgewiesen und physikalisch definiert sind Kraftwirkungen sowie die Wärmewirkung der hochfrequenten Strahlung. In biologischem Gewebe treten elektrische Ladungen auf in Form von Ionen (geladene Atome oder Moleküle), an Zellwänden und in Wassermolekülen und anderen polaren Molekülen. Ladungen verschieben sich unter dem Einfluss elektromagnetischer Felder. Ionen werden hin und her bewegt, polare Moleküle richten sich im ständig wechselnden Feld stets neu aus. Sie schwingen im Takt der angelegten Frequenz. Dabei entsteht Wärme.

Auch im menschlichen Körper wird die Energie der hochfrequenten Strahlung in Wärme umgewandelt. Der Körper hat durch die sog. Thermoregulation die Möglichkeit, diese zusätzliche Wärme auszugleichen. Tritt die Erwärmung nur lokal begrenzt auf, so kann in der Regel das Blut die zusätzliche Wärme abführen. Wird der ganze Körper erwärmt, so wird die Haut stärker durchblutet und die Wärme wird durch Verdunstung an der Hautoberfläche abgegeben (Schwitzen). Mit Auswirkungen auf die Gesundheit ist dann zu rechnen, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden und die Wärmeregulierung gestört ist. Im Tierexperiment wurden z.B. gesundheitliche Wirkungen nachgewiesen, wenn sich die Körpertemperatur über einen längeren Zeitraum um deutlich mehr als 1°C erhöht hatte: Stoffwechselvorgänge wurden gestört, es traten Verhaltensänderungen ein und Störungen der Embryonalentwicklung wurden beobachtet. Langanhaltende Überwärmung im Augenbereich begünstigt die Entstehung von grauem Star und anderen Augenkrankheiten.

Ein wichtiger Faktor bei der Wirkung hochfrequenter Strahlung auf biologische Systeme ist die Eindringtiefe. Sie ist stark frequenzabhängig. Elektromagnetische Felder der Rundfunk-Mittelwelle im Megahertzbereich haben Eindringtiefen von 10 bis etwa 30 cm, beim Mobilfunk mit rund tausendmal höheren Frequenzen um 1 Gigahertz (GHz) dringt die Strahlung nur wenige Zentimeter tief in das Gewebe ein. Bei Frequenzen über 10 Gigahertz, wie sie bei Radargeräten vorkommen, beträgt die Eindringtiefe weniger als 1 mm. Bei noch höheren Frequenzen wirken HF-Felder an der Hautoberfläche.
Ein weiteres Phänomen muss bei der Beurteilung der Wirkungen hochfrequenter Strahlung berücksichtigt werden - die Resonanz. Die Körpergröße spielt dabei eine entscheidende Rolle - der Körper wirkt als Empfangsantenne. Besitzt er eine Größe von etwa der halben Wellenlänge der Strahlung, so befindet er sich im "Resonanzbereich" - das bedeutet, er nimmt besonders viel Strahlungsenergie auf. Der Resonanzbereich ist abhängig von der Körpergröße und der Orientierung des Menschen im elektromagnetischen Feld. Für einen erwachsenen Menschen liegt dieser Bereich bei Frequenzen von etwa 70 bis 110 Megahertz. Dieser Frequenzbereich wird von UKW-Sendern genutzt. Kinder dagegen sind kleiner, sie haben also eine höhere Resonanzfrequenz. Viele Tierversuche werden mit Mäusen unternommen, deren Resonanzfrequenz im Bereich einiger Gigahertz liegt. Ergebnisse von Tierexperimenten lassen sich auch aus diesem Grund nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragen. Eine Maus nimmt bei ihrer Resonanzfrequenz von etwa 2 GHz pro Gramm Körpergewicht etwa 60 Mal mehr Energie auf als ein Mensch bei der gleichen Frequenz.

Maßgebend für die biologische Wirkung von HF-Feldern ist die vom Körper aufgenommene - "absorbierte" - Strahlungsleistung. Basisgröße dafür ist die Spezifische Absorptionsrate (SAR, Maßeinheit: Watt pro Kilogramm - W/kg). Sie gibt die Leistung (Energie pro Zeit) an, die pro Kilogramm Gewebe absorbiert wird. HF-Felder, die auf den gesamten Körper einwirken und dabei zu SAR-Werten von im Mittel 4 W/kg führen, bewirken beim Menschen Temperaturerhöhungen von etwa 1°C. Im Vergleich dazu: Durch normale Muskelaktivitäten werden Leistungen von 3 bis 5 W/kg freigesetzt.

In der Diskussion um die Wirkungen hochfrequenter Strahlung ist man sich über die thermischen Wirkungen weitgehend einig. In der Öffentlichkeit geben jedoch sogenannte nicht-thermische Wirkungen viel Anlass zu Diskussionen. Nicht-thermische Wirkungen wie z.B. Kraftwirkungen auf einzelne Zellen sind z.T. gut untersucht. Sie treten im Mobilfunkfrequenzbereich aber erst bei wesentlich höheren Intensitäten auf als die thermischen Wirkungen.

Es gibt eine Reihe von Studien, die über biologische Wirkungen im Bereich niedriger Intensitäten hochfrequenter Strahlung berichten. Es wird z. B. über Änderungen des Schlafverhaltens oder eine Beeinflussung der Leistungsfähigkeit des Gehirns diskutiert. Auch ist die thermische Abhängigkeit der Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke nicht abschließend geklärt. Die Mehrheit der Studien zeigt aber, dass bei Feldstärken, die bei Nutzung von Mobiltelefonen auftreten, die Schrankenfunktion gewährleistet bleibt. Parameter des Blutes, des Immunsystems oder bestimmte Hormone (z.B. Melatonin) wurden im Tiermodell und z.T. auch beim Menschen untersucht. Zu den aktuellen Themen der laufenden Forschung gehören auch Untersuchungen zur Aufklärung eines möglichen Zusammenhangs zwischen dem Auftreten von Krebserkrankungen und HF-Feldern. Viele dieser Ergebnisse wurden bisher nicht unabhängig bestätigt und insbesondere fehlt ein schlüssiger Wirkungsmechanismus, mit dem ein Einfluss hochfrequenter Felder auf die genannten biologischen Parameter erklärt werden könnte. In vielen Fällen ist auch unklar, ob die beobachteten Effekte eine gesundheitliche Relevanz für den Menschen haben.“


Bundesamt für Strahlenschutz, Stand vom 02.06.2005